Montag, 28 Oktober 2024 15:54

SORA und Drohnenbetrieb - Risikobewertung und Genehmigung

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STS STS pixabay

Die sichere Nutzung von Drohnen in unterschiedlichen Einsatzgebieten ist ein komplexes Thema, das genaue Risikobewertungen und spezifische Genehmigungsverfahren erfordert. Die Standardisierte Risikobewertung für Drohnenoperationen, kurz SORA (Specific Operations Risk Assessment), ist eine etablierte Methodik zur Bewertung der Risiken im Drohnenbetrieb. Sie hilft dabei, die potenziellen Gefahren für Menschen, Infrastrukturen und den Luftraum zu identifizieren und angemessen zu minimieren. SORA stellt sicher, dass sowohl neue Betreiber als auch bestehende Nutzer ihre Drohnen in einer sicheren Umgebung einsetzen können. Diese Methodik unterstützt Regulierungsbehörden und Betreiber bei der Einhaltung der Sicherheitsstandards und ermöglicht eine strukturierte Risikoanalyse, die in der Drohnenindustrie zum Standard geworden ist.

 

Die Entwicklung der SORA-Methodik durch JARUS

Die Entwicklung der SORA-Methodik wurde maßgeblich von JARUS (Joint Authorities for Rulemaking on Unmanned Systems) beeinflusst. JARUS ist eine internationale Expertengruppe, die sich der Schaffung von einheitlichen Standards und Regelwerken für den sicheren Drohnenbetrieb verschrieben hat. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen nationalen und internationalen Behörden konnte JARUS die SORA-Methodik etablieren, die eine fundierte Basis für die Risikobewertung von Drohnen bietet. Diese Methodik berücksichtigt verschiedene Risikoaspekte, darunter das Risiko für den Boden und den Luftraum. Die von JARUS entwickelte SORA-Methode hat sich mittlerweile in zahlreichen Ländern als Standard für die Drohnenbewertung durchgesetzt und dient als Grundlage für die Genehmigung von komplexen Drohnenoperationen.

SORA und die EU-Drohnenverordnung: Die Rolle der EASA

In Europa ist die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) maßgeblich für die Regulierung und Überwachung des Drohnenbetriebs verantwortlich. Die EASA hat SORA als Standardverfahren für spezifische Drohnenoperationen in die EU-Drohnenverordnung integriert. Dabei stellt die EASA sicher, dass Drohnenbetreiber die Anforderungen des SORA-Prozesses erfüllen, um Genehmigungen für den Betrieb zu erhalten. Die EU-Drohnenverordnung definiert klare Rahmenbedingungen, wie Drohnen in verschiedenen Risikokategorien eingesetzt werden können. Durch die enge Zusammenarbeit mit JARUS und anderen internationalen Gremien hat die EASA einheitliche Standards geschaffen, die es ermöglichen, Drohnen innerhalb der EU sicher zu betreiben und zu überwachen. Die Integration von SORA in die EU-Drohnenverordnung unterstreicht die Bedeutung dieser Methodik für den sicheren Drohnenbetrieb in Europa.

Die wichtigsten Komponenten der SORA-Risikobewertung

Ground Risk Class (GRC): Bewertung des Bodenrisikos

Die Ground Risk Class (GRC) ist ein zentraler Bestandteil der SORA-Risikobewertung und bezieht sich auf das Risiko, das eine Drohnenoperation für Menschen und Objekte am Boden darstellt. Die GRC bewertet unter anderem die Fluggebiete, die Population in diesen Gebieten und die mögliche Gefährdung, die von einer Drohne ausgeht, wenn sie ausfällt. Durch die Bestimmung der GRC können geeignete Maßnahmen zur Risikominderung am Boden definiert werden, wie etwa der Einsatz von Fallschirmen oder der Ausschluss von dicht besiedelten Gebieten. Diese Bodenrisikoklasse spielt eine wesentliche Rolle bei der Genehmigung von Drohnenflügen, da sie eine spezifische Analyse der potenziellen Gefahren für Menschen und Infrastruktur ermöglicht. Die GRC hilft somit, die Sicherheit am Boden bei verschiedenen Arten von Drohnenoperationen zu gewährleisten.

Air Risk Class (ARC): Bewertung des Luftrisikos

Neben dem Bodenrisiko bewertet die SORA-Methodik auch das Risiko für den Luftraum, das als Air Risk Class (ARC) bezeichnet wird. Die ARC berücksichtigt die Interaktion der Drohne mit anderen Luftfahrzeugen und das Risiko einer Kollision im Luftraum. Diese Risikoklasse wird anhand der Flughöhe, der Umgebung und der Dichte des Luftverkehrs im betroffenen Bereich festgelegt. Insbesondere bei Flügen außerhalb der Sichtweite (BVLOS) spielt die ARC eine bedeutende Rolle, da hier eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Drohne mit anderen Luftfahrzeugen interagiert. Durch die Festlegung der ARC wird die Grundlage für weitere Sicherheitsmaßnahmen geschaffen, die den Luftraum schützen und die Sicherheit aller Luftverkehrsteilnehmer gewährleisten.

SAIL (Specific Assurance and Integrity Level): Bestimmung des Gesamtrisikos

Das Specific Assurance and Integrity Level (SAIL) ist eine kombinierte Bewertung, die das Gesamtrisiko einer Drohnenoperation widerspiegelt. SAIL wird auf Basis der Boden- und Luftrisiken sowie der Betriebsspezifikationen berechnet und gibt an, wie komplex und risikoreich eine Drohnenmission ist. Höhere SAIL-Level erfordern strengere Sicherheitsvorkehrungen und umfangreichere Maßnahmen zur Risikominderung. Diese Bewertung unterstützt die Behörden und Betreiber dabei, das notwendige Sicherheitsniveau für eine Drohnenoperation festzulegen und die erforderlichen Genehmigungen zu erteilen. SAIL dient somit als Leitfaden, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsanforderungen erfüllt werden und dass die Operation sicher durchgeführt werden kann.

Mitigations: Maßnahmen zur Risikominderung

Ein zentraler Aspekt der SORA-Methodik ist die Festlegung von Maßnahmen zur Risikominderung, auch als Mitigations bezeichnet. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, sowohl das Boden- als auch das Luftrisiko zu reduzieren und die Sicherheit der Drohnenoperation zu gewährleisten. Beispiele für Mitigations umfassen die Nutzung redundanter Systeme, technische Sicherheitsmaßnahmen wie Fallschirme oder die Begrenzung des Fluggebiets. Durch gezielte Mitigations können potenzielle Risiken, die durch technische Ausfälle oder menschliche Fehler entstehen könnten, erheblich verringert werden. Die Festlegung und Umsetzung von Risikominderungsmaßnahmen ist ein wesentlicher Bestandteil des Genehmigungsprozesses und hilft, die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Drohnenoperationen nachhaltig zu gewährleisten.

Der SORA-Prozess im Detail

ConOps (Concept of Operations): Betriebsbeschreibung und Sicherheitsmaßnahmen

Das Concept of Operations (ConOps) ist ein wesentlicher Bestandteil des SORA-Prozesses und beschreibt die geplante Drohnenoperation in allen Details. Hierbei werden Aspekte wie die spezifischen Betriebsziele, der Standort, die Höhenbegrenzung sowie Sicherheitsvorkehrungen festgelegt. ConOps dient dazu, eine klare Übersicht über die geplante Operation und die damit verbundenen Risiken zu schaffen. Es hilft Behörden und Betreibern, potenzielle Gefahren im Vorfeld zu identifizieren und angemessene Sicherheitsmaßnahmen festzulegen. Mit einer sorgfältigen ConOps-Planung wird der Grundstein für eine erfolgreiche und sichere Durchführung der Drohnenmission gelegt.

Notfallplan (ERP): Risikominderung bei Kontrollverlust

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des SORA-Prozesses ist der Notfallplan, auch Emergency Response Plan (ERP) genannt, der Maßnahmen für den Fall eines Kontrollverlustes definiert. Dieser Plan enthält Protokolle für unerwartete Zwischenfälle, wie etwa den Verlust der Funkverbindung oder mechanische Ausfälle. Ein gut ausgearbeiteter ERP stellt sicher, dass im Ernstfall die notwendigen Schritte zur Schadensbegrenzung eingeleitet werden können. So wird gewährleistet, dass die Drohnenoperation auch bei unvorhergesehenen Ereignissen sicher bleibt und potenzielle Schäden minimiert werden. Ein effizienter ERP ist unerlässlich, um das Vertrauen in die Sicherheit von Drohnenoperationen zu stärken.

Robustheit der Risikominderungsmaßnahmen

Die Robustheit der Risikominderungsmaßnahmen ist ein wichtiger Faktor im SORA-Prozess und betrifft die Wirksamkeit und Verlässlichkeit der gewählten Sicherheitsmaßnahmen. Es ist entscheidend, dass diese Maßnahmen in jeder Phase des Betriebs greifen und ausreichend geschützt sind. Die Robustheit der Maßnahmen wird durch Testverfahren und Sicherheitsanalysen bewertet, um sicherzustellen, dass sie im Ernstfall funktionieren. Diese Sicherheitsmaßnahmen tragen dazu bei, dass die Risiken einer Drohnenoperation auf ein akzeptables Maß reduziert werden. Die sorgfältige Prüfung der Robustheit ist daher ein entscheidender Schritt im SORA-Verfahren, um die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen zu gewährleisten.

Alternative Ansätze zur SORA-Risikobewertung

PDRA (Pre-Defined Risk Assessment): Vordefinierte Risikobewertungen

Das Pre-Defined Risk Assessment (PDRA) ist eine alternative Methode zur SORA-Risikobewertung und bietet vordefinierte Bewertungsszenarien. PDRA ist besonders für standardisierte Drohnenoperationen geeignet, bei denen die Risiken bereits analysiert wurden. Diese Methode ermöglicht eine schnellere und einfachere Genehmigung, da die Sicherheitsanforderungen für bestimmte Einsatzszenarien bereits festgelegt sind. PDRA wird oft für wiederkehrende Operationen verwendet, die in ihrer Natur und ihrem Risiko ähnlich sind, wie etwa Inspektionen von Infrastrukturen. Die Nutzung des PDRA erleichtert es Betreibern, eine Betriebsgenehmigung zu erhalten, ohne den gesamten SORA-Prozess durchlaufen zu müssen.

STS (Standard Scenarios): Vereinfachte Genehmigungen für Standardszenarien

Neben PDRA bietet auch die Nutzung von Standard Scenarios (STS) eine vereinfachte Genehmigungsmöglichkeit für häufig vorkommende Drohnenoperationen. STS sind vordefinierte Szenarien mit festgelegten Sicherheitsanforderungen und Risikominderungsmaßnahmen. Diese Standards ermöglichen eine schnelle Genehmigung, da die Betreiber nur die Einhaltung der festgelegten Vorgaben nachweisen müssen. STS sind besonders für Drohnenbetreiber attraktiv, die regelmäßig ähnliche Operationen durchführen und von einer standardisierten Lösung profitieren möchten. Die Einführung von STS erleichtert die Umsetzung sicherer Drohnenoperationen und reduziert gleichzeitig den bürokratischen Aufwand.

SORA in der Praxis: Genehmigungen und Anwendungen

Betriebsgenehmigung nach SORA: Voraussetzungen und Anforderungen

Eine Betriebsgenehmigung nach SORA setzt die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen und Anforderungen voraus, die die Sicherheit der Drohnenoperation gewährleisten sollen. Betreiber müssen eine umfassende Risikobewertung vorlegen und nachweisen, dass sie alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt haben. Dies umfasst unter anderem die Implementierung von Mitigations und die Erstellung eines ConOps sowie eines ERP. Die Erteilung der Genehmigung erfolgt durch die zuständigen Luftfahrtbehörden, die den Antrag und die enthaltenen Sicherheitsmaßnahmen genau prüfen. Eine erfolgreiche SORA-Genehmigung stellt sicher, dass die Drohnenoperation unter Einhaltung hoher Sicherheitsstandards durchgeführt wird.

SORA-GER: Die deutsche Version der SORA-Methodik

SORA-GER ist die deutsche Anpassung der SORA-Methodik und wurde entwickelt, um den spezifischen regulatorischen Anforderungen in Deutschland gerecht zu werden. Diese Version berücksichtigt nationale Besonderheiten und erleichtert es deutschen Betreibern, Drohnenoperationen genehmigen zu lassen. SORA-GER integriert zusätzliche Richtlinien und Vorgaben, die von der deutschen Luftfahrtbehörde (LBA) festgelegt wurden. Durch diese Anpassungen wird eine nahtlose Integration in das deutsche Rechtssystem gewährleistet und eine höhere Effizienz im Genehmigungsprozess erzielt. SORA-GER stellt sicher, dass Drohnenoperationen in Deutschland sicher und im Einklang mit den lokalen Vorschriften durchgeführt werden.

BVLOS und VLOS: Unterschiedliche Betriebsarten und ihre Risikobewertung

Im Drohnenbetrieb gibt es verschiedene Betriebsarten, darunter BVLOS (Beyond Visual Line of Sight) und VLOS (Visual Line of Sight). Diese unterscheiden sich grundlegend in der Art und Weise, wie das Risiko bewertet und mitigiert wird. BVLOS-Operationen stellen ein höheres Risiko dar, da die Drohne außerhalb der Sichtweite des Piloten operiert und möglicherweise andere Luftverkehrsteilnehmer gefährden könnte. Daher erfordert BVLOS eine intensivere Risikobewertung und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. VLOS-Operationen hingegen sind einfacher zu überwachen und erfordern oft weniger strenge Sicherheitsanforderungen. Die Risikobewertung für beide Betriebsarten erfolgt im Rahmen von SORA, wobei jede Betriebsart spezifische Anforderungen erfüllen muss.

Werkzeuge und Unterstützung für die SORA-Risikobewertung

Der SORA-Rechner: Ein Online-Tool zur Risikoberechnung

Der SORA-Rechner ist ein hilfreiches Online-Tool, das speziell für die Berechnung der SORA-Risikobewertung entwickelt wurde. Dieses Tool ermöglicht es Betreibern, die verschiedenen Risikoklassen und Mitigationsmaßnahmen schnell und präzise zu bestimmen. Der SORA-Rechner berechnet auf Basis der eingegebenen Parameter das spezifische Risikoniveau und gibt Empfehlungen zur Risikominderung. Dies erleichtert die Erstellung eines Risikobewertungsberichts und spart den Betreibern wertvolle Zeit. Der SORA-Rechner ist ein unverzichtbares Hilfsmittel, das den SORA-Prozess vereinfacht und Betreibern eine verlässliche Grundlage für ihre Operationen bietet.

SORA-Beratung und Dokumentation: Unterstützung bei der Genehmigung

Um eine Betriebsgenehmigung nach SORA zu erhalten, bieten viele Organisationen eine spezielle SORA-Beratung und Dokumentationshilfe an. Diese Unterstützung umfasst die Erstellung der notwendigen Berichte und die Beratung bei der Umsetzung der Risikominderungsmaßnahmen. Professionelle Beratungsdienste helfen Betreibern, den komplexen SORA-Prozess zu verstehen und alle Anforderungen der Genehmigungsbehörden zu erfüllen. Durch die Beratung können Betreiber die Genehmigungsprozesse effizienter gestalten und sicherstellen, dass ihre Drohnenoperationen alle Sicherheitsanforderungen erfüllen. Die SORA-Beratung ist somit ein wertvolles Instrument zur erfolgreichen Beantragung von Betriebsgenehmigungen.